Das glückliche Geheimnis by Geiger Arno

Das glückliche Geheimnis by Geiger Arno

Autor:Geiger, Arno [Geiger, Arno]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Abfall
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2023-01-10T00:00:00+00:00


Feste Punkte in meinem Leben waren nicht in dem Ausmaß vorhanden, wie ich es mir gewünscht hätte. Das betraf auch die Familie.

Meinen Vater hatte ich einige Jahre lang alleingelassen. Doch beim Schreiben an Es geht uns gut war der Mahnruf an mein Ohr gedrungen, ich solle mich nicht nur schreibend, sondern auch im Leben um meine Angelegenheiten kümmern. Mein Vater war alt geworden, vergesslich, verletzlich, das fand in Es geht uns gut in der Figur Richards einen Niederschlag. Alma und Richard, den Romanfiguren, war ich nahegekommen. Zu Hause ließ ich eine vergleichbare Bereitschaft zur Nähe vermissen.

Ich will hier nicht Kleinholz aus mir selbst machen, ich muss aber zugeben, es gab Zeiten, da wollte ich mit den Problemen meiner Eltern nichts zu tun haben. Wenn ich von ähnlichen Problemen in Briefkonvoluten las, war meine Neugier sofort geweckt, und ich ließ mich darauf ein. Auch vor Problemen in Büchern fürchtete ich mich nicht. Aber ich fürchtete mich vor den Problemen meiner Eltern.

Das war eine schwer zu verdauende Einsicht. Eine Zeitlang zögerte ich, das Ungleichgewicht zu beheben. Es war aber klar, dass es mich nach Jahren des Distanznehmens wieder nach Hause zog. Ich glaube, es hatte unter anderem damit zu tun, dass auf dem Umweg über die Briefe und Tagebücher, die ich im Altpapier fand, in mir ein größeres Verständnis für meine Eltern erwacht war. Wie soll ich sagen? Jedes fremde Leben ist eine Variante des eigenen Lebens, und es ist leichter, seiner selbst im anderen gewahr zu werden, wenn man dieses andere nicht kennt.

Die Leiden und spärlichen Freuden der Menschen hört man sich am liebsten aus sicherer Entfernung an und noch lieber, wenn sie schön geschildert sind. Ich meine annehmen zu dürfen, dass dies einer der Hauptgründe ist für den unverwüstlichen Erfolg literarischer und filmischer Produktion. Zu Hause sträubt es einem die Haare und überläuft einen kalt, und zum Vergleichbaren im Roman zieht es einen unwiderstehlich hin.

Ich glaube, die Fremden, mit denen ich in Kontakt gekommen war, hatten mich mir selbst gegenüber unbefangener gemacht. Die eigene Seltsamkeit war gewöhnlicher geworden.

In Polen hatten O. und ich viel über ihre drei Jahre davor gestorbene Schwester gesprochen. Als festgestanden habe, dass ihre Schwester unmittelbar im Sterben lag, habe sie sich von allen verabschiedet. Zu ihrem Mann habe sie gesagt, Antonio, tu einige der Dinge, die du immer tun wolltest, aber nicht alle, es sind zu viele. Und zu ihrem Bruder habe sie etwas Witziges gesagt, sie habe ihn ein wenig auf den Arm genommen, sehr nett. Und zu O. habe sie gesagt:

»Mit dir bin ich noch nicht fertig.«

Das war der Satz, den ich insbesondere hörte:

»I’m not done with you.«

Ich dachte an meinen Vater, ich wusste, die Beziehung zwischen ihm und mir war ebenfalls noch nicht abgeschlossen.

In immer regelmäßiger werdenden Abständen fuhr ich nach Wolfurt, ich pendelte mich rasch bei einem 3-bis-4-Wochen-Rhythmus ein. Wie in den guten Momenten mit K. und wie bei den Runden, wenn es gut lief, hatte ich im Elternhaus das Gefühl, mich in dem Leben zu befinden, für das ich bestimmt war.

Wenn



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